Ausschnitte aus 150 Jahren Vereinsgeschichte - zusammengetragen im Jubiläumsjahr 2022
Aus unserer Vereinschronik – Die Vereinsgründung
Im Oktober 1872 wurde auf Betreiben des Schulamtsverwesers Schiller der Liederkranz Waldhausen gegründet. Er hatte zunächst nur 18 Mitglieder, die wahrscheinlich alle aktiv im damaligen Männerchor waren. Uns liegen noch wenige Informationen dazu vor, dass es schon ab 1855 einen Gesangverein in Waldhausen gab, der sich dann aber bereits vor der Gründung des Liederkranzes wieder aufgelöst hatte. Namen von Vereinsmitgliedern oder dem Dirigenten liegen leider nicht mehr vor, auch sind die Gründe für die Wiederauflösung dieses ersten Gesangvereins nicht mehr bekannt.
Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war es üblich, dass Lehrer der ortsansässigen Schule die Leitung von Chören übernahmen. Nach der Vereinsgründung war Hauptlehrer Fischle 17 Jahre lang für die musikalische Arbeit verantwortlich und hatte auch die Vereinsleitung inne. Der Chronist Joh. Christoph Nuding beschreibt Lehrer Fischle als einen sehr religiösen Mann, der häufiger die Vertretung des Lorcher Pfarrers für Waldhausen übernehmen musste und für seine einfühlsamen Predigten und Gebete geschätzt wurde. Waldhausen hatte damals keinen eigenen, (evangelischen) Pfarrer, sondern wurde als sog. Filial von Lorch aus kirchlich versorgt. Der damaligen Zeit entsprechend war es selbstverständlich, dass in einem Gesangverein nur Männer Mitglieder und Sänger waren. Die gleichberechtigte Mitwirkung und Mitgestaltung von Frauen setzte erst Mitte des 20. Jahrhunderts ein. Vereinsgründungen, wie Sportvereine und Gesangvereine hatten in der Zeit des Kaiserreiches auch einen patriotischen Charakter und waren Ausdruck von bürgerlichem Selbstbewusstsein. Dies zeigt sich auch an den ersten erhalten gebliebenen Fotos, auf denen die Männer mit ernsthaften Gesichtern in Festtagskleidung (Anzug, weißes Hemd und Krawatte), in der ersten Reihe auch mit Abzeichen und Gehstock abgebildet sind.
Ein besonderes Chronikbuch
Von außen wirkt das erste, große Chronik-Buch des Liederkranz eher unscheinbar. Erst bei näherem Hinschauen erschließt sich dem Betrachter die Besonderheit und Bedeutung dieses schwarz-grauen, in ausgezeichneter Buchbinderarbeit gefertigten Buches. In ihm ist die Vereinsgeschichte von der Gründung an bis zum 125 – jährigen Jubiläum in akribischer und sorgfältiger Arbeit dargestellt.
Ursprünglich wurde das Chronik-Buch 1925 vom damaligen Ehrenvorstand Johann Christoph Nuding dem Verein geschenkt. Es stammt aus einer Schorndorfer Buchbinder-Werkstatt, ist 35 x 25 cm groß und heute mehrere Kilogramm schwer. Nuding war von 1890 – 1912 Vereinsvorstand, 33 Jahre lang aktiver Sänger und zeichnete die Geschicke des jungen Vereins ab der Gründung auf. Durch seine Widmung auf der ersten Doppelseite lässt sich die Entstehung der Chronik auch heute noch gut nachvollziehen. Die Ereignisse bis 1925 sind fein säuberlich in Sütterlin-Schrift von Hand aufgezeichnet und schon hierdurch ein schönes Zeitdokument. Darüber hinaus sind aus der Gründungszeit auch Kassenbücher und Sitzungsaufzeichnungen erhalten geblieben. Erste Zeitungsausschnitte finden sich ab 1927 in der Chronik. Im Laufe der Zeit wurden dann die schriftlichen Aufzeichnungen mit Fotos und Konzertprogrammen ergänzt.
Das Buch endet mit einem Artikel unseres Ehrenvorstands Walter Schwarz mit dem Titel „Das Fest naht“ kurz vor dem 125-jährigen Jubiläum. Ab diesem Zeitpunkt wird die Vereinsgeschichte in Ringbüchern fortgeschrieben. Dies erleichtert es, für verschiedene Anlässe Kopien von Texten und Bildern anzufertigen.
Für die Aufzeichnungen waren auch nach Johann Christoph Nuding immer Vereinsvorsitzende, Schriftführer und längere Zeit auch die damaligen Waldhäuser Bürgermeister Julius Schniepp und Walter Kübler verantwortlich. Heute wird die Chronik von Anneliese Welz fortgeführt, die in ihrer Eigenschaft als Vereinsvorsitzende auch für alle weiteren, historischen Schriftstücke und Gegenstände die Verantwortung trägt und sie sorgfältig aufbewahrt.
Die Vereinsfahnen
Heute spielen Vereinsfahnen meist keine große Rolle mehr und so haben viele Vereine heute anstelle einer Fahne einen Wimpel als Symbol der Zusammengehörigkeit. Da es kaum noch Festumzüge und große Feiern in der Gemeinschaft der Gesangvereine gibt, bleibt die Fahne fast das ganze Jahr über in ihrem Schrank, ohne dass sie jemand zu Gesicht bekommt. Sie kommt derzeit ausschließlich beim Volkstrauertag auf dem Friedhof Waldhausen für die Ehrenbezeugung am Denkmal für die Gefallenen beider Weltkriege zum Einsatz.
Aufgrund seiner langen Geschichte besitzt unser Gesangverein zwei kostbar gestaltete Vereinsfahnen, bei deren Farbgebung jeweils ein strahlendes Blau im Vordergrund steht. Die erste der beiden Fahnen wurde bereits am 5. Juli 1914, kurz vor Kriegsbeginn eingeweiht, Sie hat heute ihren Platz im Treppenhaus des Waldhäuser Rathauses und wird dort im oberen Stockwerk in einem Holz-Glas-Kasten ausgestellt. Auf der Schmuckseite ist die ehemalige staufische Burg auf dem Elisabethenberg zu sehen, so wie sie sich unsere Vorfahren vorstellten. Dabei bezogen sie sich – wie auf vielen Postkarten jener Zeit beschrieben – auf die Vorstellung, dass der Stauferkaiser Friedrich Barbarossa auf dieser Burg geboren wurde. Verstärkt wurde diese Ansicht auch dadurch, dass in einer Urkunde Barbarossas im Zusammenhang mit dem Kloster Adelberg 1181 Waldhausen erstmals erwähnt wurde.
Die zweite Vereinsfahne wird in einem speziellen Schrank in unserem Übungsraum im Dorfhaus aufbewahrt. Sie erhielt am 22. Juni 1980 im Rahmen der 12. Waldhäuser Festtage ihre Weihung. Der Partnerverein MGV Germania aus Waldhausen/Lahn übernahm hierfür die Patenschaft. Auf der einen Seite ist das Ortswappen von Waldhausen dargestellt, während eine mit Lorbeer umkränzte Lyra die zweite Seite mit dem Spruch: „Grüß Gott mit hellem Klang“ schmückt.
1946
Fast ein Jahr nach Kriegsende im Februar 1946 haben die zur Zeit wieder am Ort anwesenden Sänger, 12 an der Zahl, sich zusammengetan, um wieder mit Singstunden zu beginnen. Am 22.02.1946 fand dann auch die erste Singstunde unter Leitung von Herrn Lehrer Lang, einem hiesigen Bürgersohn, den die Kriegsereignisse wieder nach hier gebracht haben, statt. „Dieser Beginn im Verein hat gezeigt, dass doch bei vielen Menschen noch ein reges Interesse für Gesang besteht, denn bis zum Jahresschluss 1946 war die Zahl der Sänger bereits auf 22 angewachsen und es wurde Weihnachten bereits wieder eine Familienfeier mit Gesang abgehalten“. (Vereinschronik)
1948
Von Chorleiter Lang wurde der Wunsch geäußert, „wenn dem Verein eine andere Kraft zur Verfügung steht, ihn von diesem Amt zu entbinden“. In Herrn Bruno May, Musiklehrer aus Lorch, konnte der Verein einen (neuen) Chorleiter gewinnen.
Ergänzende Bemerkung:
Ein Wiederanfang nach dem zweiten Weltkrieg mit einem Männerchor im Liederkranz Waldhausen war –obwohl es in der Chronik so selbstverständlich klingt – alles andere als selbstverständlich. Nicht nur, dass viele Sänger nicht mehr aus dem Krieg heimgekehrt waren. Der Liederkranz hatte zunächst auch ein „Imageproblem“, das aus dem Verhalten von Vereinsmitgliedern in der Zeit des Dritten Reiches stammte.
Die Gründung des gemischten Chores 1956
Von größter Tragweite war der 1956 gefasste Beschluss, den Verein für Frauen mit einem gemischten Chor zu öffnen. Wir wissen heute, dass diese Entscheidung das Weiterbestehen des Liederkranz gesichert hat – auch wenn es zunächst nicht danach aussah und zum Austritt langjähriger Mitglieder und aktiver Männer bis hinein in den Vorstand führte, die diese grundsätzliche Veränderung nicht mittragen konnten und wollten. Die Männerchor-Tradition blieb trotzdem bestehen und hat heute ihren Platz im 2001 gegründeten Lorcher Männerchor, bestehend aus Mitgliedern der drei Gesangvereine in unserer Stadt gefunden.
„Die Solistin fand man im Internet“
Trotz intensiver und wohlüberlegter Vorbereitungen – musikalisch und organisatorisch – können buchstäblich über Nacht Situationen entstehen, die alles auf den Kopf stellen.
Als ein besonders ungewöhnliches Beispiel hierfür, ist das Herbstkonzert 1999 in Erinnerung geblieben. Es war gleichzeitig das Abschiedskonzert des damaligen Chorleiters Joachim Scheufele, der sich ab dem darauffolgenden Jahr neuen, beruflichen Aufgaben widmen wollte. Für den zweiten Konzertteil hatte der Chorleiter in Absprache mit der Vorstandschaft eine Solistin mit Pianisten verpflichtet. Die Beiden sollten im Rahmen eines Musical-Medleys einen längeren solistischen Part gestalten. Wie ein Donnerschlag wirkte daher am Morgen des Konzerttages die krankheitsbedingte Absage der Solisten.
Was nun? – Das Konzertprogramm komplett umgestalten? Joachim Scheufele entschloss sich zur schon fast verzweifelten Suche nach einer anderen Altistin via Internet – damals ganz sicher keine übliche Vorgehensweise. Die letztlich ganz kurzfristig engagierte, junge Altistin Katja Ritter war alles andere als ein „Ersatz“. Sie erwies sich als ein absoluter Glücksgriff! Gerade fertig mit ihrem Gesangsstudium freute sie sich über die Auftrittsmöglichkeit und reiste quasi im letzten Moment aus Rosenheim an. Ihr Auftritt, vom Chorleiter am Klavier begleitet, wurde zu einem Höhepunkt des Herbstkonzertes. Sie interpretierte weltberühmte Musicalmelodien, wie das laszive „Don’t cry for me, Argentina“ aus dem Musical „Evita“ und das einfühlsame, sentimentale „Over the rainbow“ von H. Arlen so gekonnt und souverän, dass sie damit Publikum, Sängerinnen und Sänger und den Chorleiter selbst begeisterte.
Man merke: Ersatz zu sein, ist bei weitem nicht immer zweite Wahl – oder das Leben bietet auch für einen Gesangverein unvergessliche Eindrücke.
Verleihung der Conradin-Kreutzer-Tafel an den Liederkranz Waldhausen und seinen Chor „QuerBeet“
1872 gründeten 18 Männer auf Betreiben des Schulamtsverwesers Schiller unseren Gesangverein. Ob sie sich auch nur annähernd vorstellen konnten, dass es 150 Jahre später diesen Verein und seinen Einsatz für den Chorgesang noch geben würde? Nach wie vor stehen in unserer Satzung als Vereinszweck „die Pflege des Chorgesangs durch regelmäßige Proben und Konzerte“ im Mittelpunkt.
In den vergangenen 150 Jahren unserer Geschichte hat sich vieles verändert: Vom Männergesangverein zum gemischten Chor, von einer intensiven Jugendarbeit bis hin zu „QuerBeet“ und seiner breiten gesanglich-musikalischen Ausrichtung.
Am Samstag, 02. Juli 2022 konnten nun Sascha Wahl Anneliese Welz und Beate Wahl als Vereinsvertreter beim Landesmusikfestival in Göppingen die Conradin-Kreutzer-Tafel entgegennehmen. Sie wird als besondere Auszeichnung der Landesregierung Baden-Württemberg für mindestens 150 Jahre Pflege der Amateurmusik verliehen. Die Übergabe von Tafel und Urkunde erfolgte in einem feierlichen Festakt und wurde von Frau Petra Olschowski, Kunststaatssekretärin, in Vertretung des Ministerpräsidenten an insgesamt 20 Vereine aus dem Bereich Chöre und Musikvereine vergeben.
Die Verleihung der Conradin-Kreutzer-Tafel erfolgt seit 1998 auf Initiative des damaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel. Damit sollen Vereine ausgezeichnet werden, die auf ein mindestens 150-jähriges Bestehen zurückblicken können. In einem Antragsverfahren mussten bereits im letzten Jahr verschiedene Unterlagen zur Vereinsgeschichte eingereicht werden, die einerseits den Erhalt der Zelter-Plakette für das 100-jährige Jubiläum und andererseits die Aktivitäten in den letzten 50 Jahren nachzuweisen hatten.
Die sehr schön gestaltete Tafel erinnert an den 1780 in Meßkirch geborenen Komponisten und Hofkapellmeister Conradin Kreutzer, der aus sehr ärmlichen Verhältnissen stammte, eines von elf Kindern einer Müllersfamilie war, und durch besondere Förderung in Zwiefalten und anderen Klosterschulen eine umfassende musikalische Bildung erhielt. Später vertonte er neben seinen Opern und Orchesterstücken auch Gedichte von Ludwig Uhland, die lange Zeit zum Repertoire von Männerchören gehörten.
Mit der Verleihung der Ehrung gehört der Liederkranz Waldhausen zu den gut 800 Vereinen, die diese besondere Auszeichnung in den letzten Jahren erhalten haben. In Baden-Württemberg engagieren sich etwa 400.000 Bürgerinnen und Bürger aktiv singend und musizierend in der Amateurmusik. Sie prägen damit unsere Kultur und setzen sich für die Allgemeinheit durch ihr ehrenamtliches Engagement ein.
Auf der Ehrentafel befinden sich folgende Inschriften: „Gewidmet dem Liederkranz Waldhausen 1872 e.V. im Jahre 2022 durch Ministerpräsident Winfried Kretschmann – Überreicht durch das Land Baden-Württemberg als Ehrengabe für 150 verdienstvolle Jahre in der Musikkultur“.
Wir sind stolz darauf, diese Ehrung erhalten zu haben und empfinden sie gleichzeitig als Ansporn für die Zukunft!
Jubiläumskonzert der Extra-Klasse am 19. November 2022 - Liederkranz Waldhausen feiert seinen besonderen Geburtstag mit einem Festabend
Ein Jubiläumskonzert zum 150. Geburtstag des Waldhäuser Gesangvereins, wie es schöner nicht sein kann, wurde zum fulminanten, krönenden Abschluß eines ereignisreichen Jubiläumsjahres.
Mit begeistertem Publikum im vollbesetzten Saal des evangelischen Gemeindehauses, zielstrebig vorbereiteten und auf den Punkt präsenten Sängerinnen und Sängern. Mit einem abwechslungsreichen Programm, das die gesamte Bandbreite von Chormusik über Madrigale, African’s, hintergründig humorvollen Männerchor-Stücken und bis hin zu moderner Popmusik aufzeigte. In ihrer Begrüßung erinnerte Vereinsvorsitzende Anneliese Welz an verschiedene Stationen der langen Vereinsgeschichte des Gesangvereins, an Höhepunkte und unerwartete Tiefschläge. So war es alles andere als selbstverständlich, dass sich der Liederkranz nach den beiden Weltkriegen jeweils sehr schnell im Männerchor wieder zusammenfinden konnte. Die lange Männerchortradition führte 1956 zu einer Zerreißprobe im Verein. Nicht für alle Sänger und Vereinsmitglieder war die Gründung eines gemischten Chores akzeptabel und so kam es zu Vereinsaustritten bis hinein in die Vorstandschaft, die diese grundsätzliche Veränderung nicht mittragen konnte oder wollte.
Heute ist die gesanglich-musikalische Arbeit ohne den gemischten Chor „QuerBeet“ überhaupt nicht denkbar. Die Männerchortradition fand letztlich im 2001 gegründeten Lorcher Männerchor, der aus Mitgliedern aller drei Gesangvereine der Gesamtstadt Lorch besteht, ihren festen Platz. Auch die Grußworte von Bürgermeisterin Marita Funk, dem Ortsverbandsvorsitzenden Heiko Cammerer und Hans-Albert Schur, dem Präsidenten des Chorverbandes Friedrich Silcher nahmen Bezug zur langen Geschichte und stellten gleichzeitig die Bedeutung von persönlichem Engagement für Verein und Allgemeinwohl in den Mittelpunkt.
Nach dem fröhlichen Auftakt „Heute ist ein herrlicher Tag“ widmete „QuerBeet“ den ersten Liedblock zunächst der klassischen Chorliteratur. Drei Madrigale aus der Zeit der Renaissance vermittelten einen bleibenden Eindruck vom eher herkömmlichen Liedgut gemischter Chöre. Während „An hellen Tagen“ von Giovanni Gastoldi und „Drei Dinge fein“ sehr bekannt sind, wird „Frau Musica singt“ nur selten aufgeführt. Dabei hat Martin Luther, mit religiösem Text unterlegt, dieses Madrigal von Melchior Vulpius in seine Schrift „Vorrede auf alle guten Gesangbücher“ aufgenommen und offensichtlich sehr geschätzt. Obwohl gerade dieses Stück mit seiner ungewohnten Textverteilung in den Proben so manches Chormitglied irritierte, gelang die Umsetzung nun zielsicher und mit der angestrebten Leichtigkeit.
Die Namensgebung des gemischten Chores erfolgte 2020 von allen Chormitgliedern gemeinsam. Mit dem gewählten Namen soll auf das sehr breit gefächerte Repertoire von Klassik bis Moderne hingewiesen werden, in dem sich Jeder wiederfinden kann.
Der zweite Block des Gastgebers unterstrich diese Vorstellung mit fröhlichen, temperamentvollen African’s. Diese Lieder drücken vor allem Freude und Gemeinsamkeit aus, wobei die ungewohnte Sprache in der Lernphase einen zungenbrecherischen Charakter annehmen kann. Unterstützt mit rhythmischer Bewegung, Klatschen, Trommel, Tamburin und Klangholz zeigte sich der Chor von seiner besten Seite und interpretierte die drei Stücke mit Hingabe und Begeisterung. Kein Wunder, dass die Zuhörer spätestens jetzt mitgingen und das schwungvolle „Banaha“ aus dem Süden des Kongo am Programmende als Zugabe ein zweites Mal zu hören bekamen.
Ganz im Gegensatz zur Tradition, hatte der Lorcher Männerchor für seine Mitwirkung in zwei Gesangsblöcken keine Silcher-Chöre vorbereitet. Stattdessen kamen fröhliche Trinklieder und sogenannte „Lomba-Liedle“ zur Aufführung. Das Arrangement der mit viel Augenzwinkern betexteten und gestalteten Lieder stammt überwiegend aus der Feder des Chorleiters Tillmann Klenk und erfreut sich bei den Auftritten großer Beliebtheit. Letztlich ist ein „Lomb“ aber kein böser Mensch, sondern kennzeichnet sich durch Bauernschläue und als ein Beobachter mit spezieller Sicht auf das Alltagsleben, auf Liebe und zwischenmenschliche Beziehungen. Diese Vorstellungen spiegelten sich insbesondere in den Stücken „Warmes Wasser“, „Als Jüngling in den reifen Jahren“ und vor allem in „Ond sonst no was“, dem das Publikum mit lachenden Gesichtern zuhörte.
Im zweiten Programmteil gestaltete der gemischte Chor, begleitet von Mirjam Dilger am Klavier, moderne Popsongs. Ein Teil der Songs war bereits zu früheren Anlässen einstudiert worden, aber im Verlauf der Zeit in der „Versenkung“ verschwunden. „Can you feel the love tonight“ von Sir Elton John und das letzte Liedstück „Hit the road Jack“ kamen neu hinzu. Während es im melancholischen „Scarborough Fair“ um eine unerfüllbare Forderung eines verflossenen Liebhabers geht, beschreibt das sentimentale „Moonlight Shadow“ das tragische Ende einer Beziehung. Alle Songs gefielen dem Publikum (erkennbar auch am leisen Mitformulieren der Texte oder verhaltenem Mitsingen) mit ihrem jeweils gekonnt herausgearbeiteten speziellen Klang. Bei „Hit the road Jack“ konnten sich die Zuhörer dann mit rhythmischem Klatschen beteiligen. Die reppartigen Textpassagen waren in den vorbereitenden Proben lange Zeit ein Stolperstein und gelangen den Sängerinnen und Sängern nun problemlos.
Schon im ersten Programmteil konnten Hans-Albert Schur und Sascha Wahl (2. Vorsitzender des Liederkranz) zwei Ehrungen für langjährige Sängerinnen aus dem gemischten Chor vornehmen. Anneliese Welz, seit mehr als 20 Jahren Vereinsvorsitzende, kam 1986 in Verein und Chor. Sie konnte die Ehrung für 40 Jahre Singetätigkeit des Schwäbischen Chorverbandes mit Urkunde und Brosche entgegennehmen. Beate Wahl war schon als Kind im damaligen Kinderchor unter Leitung von Hilde Dollmaier aktiv und kam schon bald danach in den gemischten Chor. Sie erhielt die Ehrung des Deutschen Chorverbandes für 50 Jahre Singetätigkeit und hat schon seit langer Zeit die wichtige Aufgabe der Vereinskassierin inne. Beide Sängerinnen gehören zum Sopran und bringen sich mit ihren Ehrenämtern vielfach in die organisatorische Vereinsarbeit mit ein.
Ein absolutes Novum in der Geschichte der beteiligten Chöre war dann der gemeinsame Auftritte zum Konzertabschluß mit neu erlernten Abendliedern. Während „Neigen sich die Stunden“ von Lorenz Maierhöfer mit Klavierbegleitung ohne Publikumsbeteiligung erklang, forderte Susanne Druschel, Chorleiterin von „QuerBeet“ die Zuhörer nicht zum ersten Mal an diesem Abend zum Mitmachen auf und studierte mit ihnen kurzerhand einen Abschnitt des Kanon „Abendlied“ von Christoph Hiller ein. Susanne Druschel ist seit 2020 verantwortlich für die chorische Arbeit im Liederkranz, nachdem sie schon im Jahr zuvor die erkrankte Chorleiterin Gabriele Hermann vertreten hatte. Aufgrund der langen coronabedingten Zwangspause konnte sie erst jetzt ihre Vorstellungen von Gestaltung und Chorsingen in den intensiven Vorbereitungen auf das Jubiläumskonzert und die anderen Auftritten des Chores im Jubiläumsjahr verwirklichen und hat dabei stets die volle Unterstützung der Chormitglieder. Mit der gemeinsamen Gestaltung des Kanon endete ein außergewöhnlicher, besonderer Konzertabend, der allen Beteiligten und den so zahlreich anwesenden Besuchern noch lange in guter Erinnerung bleiben wird.
Zum Abschluss
So manche Anekdote ist bisher nicht erzählt: Wie z. B.
Dass vor allem zu Männerchor-Zeiten die „Singstunden“ in fröhlich-feuchter Runde „beim Ulshöfer“ fortgesetzt wurden und der damalige Dorfpolizist die Herren zum Nach-Hause-Gehen ermahnen musste.
Dass die langjährige Leiterin des Kinderchores, Fräulein Hilde Dollmaier (eine andere Anrede hätte sie wohl auch gar nicht akzeptiert), von ihren herangewachsenen Sängerinnen als Dank zur Chorprobe abgeholt wurde.
Dass man kurzerhand zum Chormitglied wird, nachdem man als junge Frau in Maries’ Wirtsstube in Rattenharz auf die Frage des späteren Vereinsvorstandes Walter Braun „Mädle, kosch du au senge“ mit „ja“ geantwortet hatte und dies durch gemeinsames Singen von Silcher-Liedern sofort unter Beweis stellen sollte. Und, damit dieses „Ja“ auch wirklich gültig war, die ersten Male von Frida Mück und Maria Vetter zur Chorprobe abgeholt wurde. „D’r Walter hot gsagt, mir sollet se mitbrenge“.
Es gäbe noch viel mehr zu erzählen. Von Kameradschaft und dem Heimatgefühl am neuen Wohnort durch die Vereins- und Chorzugehörigkeit. Von Männern und Frauen, die in 150 Jahren Geschichte ihre Kraft, Energie und ihre persönlichen Fähigkeiten in die Gemeinschaft einbrachten. Von Erfolgen und weniger gelungenen Vorhaben.
Aber das Alles soll nun neuen Chronisten und Erzählern überlassen werden. Auf ein Neues – das 151. Vereinsjahr beginnt. Wir freuen uns auf die Zukunft und neue Erlebnisse in und mit „unserem Liederkranz“.